Wikinger Saga

1. Generation

von

legendi usus

  

     

 

Die Flucht

 

Die Handelsrechte im 8. Jahrhundert waren bei den nördlichen Völkern durchaus locker bis nicht vorhanden. Immer wieder kam es zu Revierkämpfen, in denen es meist recht ruppig zuging. Übergreifende Rechtssprechung, wie später in einem Thing, gab es zu diesen Zeiten unter den verschiedenen skandinavischen Stämmen nicht, oder nur selten. Feste Grenzen zwischen Norwegen, Schweden und Dänemark waren bis dato nicht festgelegt. Jarle, Häuptlinge und Könige regierten oft in Stammesgebieten, deren Grenzen im Laufe der Jahre immer wieder Veränderungen unterlagen. So kam es, dass dänische Führer oft über Regionen herrschten, die sich über die verschiedenen skandinavischen Territorien ausdehnten. Zum Anfang des 8. Jahrhunderts regierte Harald Kriegszahn in den Gebieten Dänemarks und Schwedens. Er setzte seinen Neffen Sigurd Ring ein, über Bezirke in Schweden zu regieren in der Eigenschaft des Stellvertreters. Viele namhafte Städte standen bis dato vor ihrer eigentlichen Gründung. Meist waren es kleine Handelsplatze, oder Landestellen für die Boote, bevor es zu den ersten Befestigungen kam, die später zu Dörfern und Städten heranwuchsen. Meist geschah der Handel oft auf temporären Plätzen, die nur für kurze Zeit genutzt und später wieder aufgegeben wurden. Die schwedischen Nordmänner, oft bekannt unter dem Begriff Waräger oder Rus, hatten ihre eigene Art, für Ordnung zu sorgen. Die Waräger kamen meist von den Stämmen der Svear und Gauten.  Wagten die Dänen sich wieder mal zu nah an ihre Stammesgrenzen, und missachteten territoriale Absprachen, kam es häufiger zu kleineren Demonstrationen der Macht. Am südlichen Ende von Skåne, vermutlich in der Region um Skøz, bauten die dänischen Händler ein kleines Handelslager, um Waren aus den östlichen Gebieten zu erwerben.

Der Waräger stampfte voran, seinen Schild zur linken und in der rechten Hand führte er das zweischneidige Schwert, welches schon einen erheblichen Schaden in diesem Kampf angerichtet hatte. Mit seinen fast 6 ½ „Fotr“ war er ein Riese und galt selbst unter Leuten seines Schlages als eine wahrlich imposante Gestalt. Sein Wams sowie das schwere Kettenhemd inklusive der zusätzlichen Waffen, Schild und Helm wogen gut und gerne 60 „Pund“. Schwitzend und schnaufend schlug er sich eine Bresche durch die Gestalten, die, wie es schien, in alle Richtungen versuchten, zu fliehen, um den schweren Schlägen der Waräger auszuweichen. Zusammen mit seinem Sinnesgleichen hatten sie sich an das Lager der dänischen Händler angeschlichen, nachdem sie die ganze Nacht sich mit rauschenden Getränken gegenseitig hochgepuscht haben und im Voraus prahlten, wie sie über die kleine Handelsgruppe herfallen würden. Sie hatten längst ausgespäht, dass keine dänischen Krieger die Händler zum Schutze begleiteten. Es waren nur Kaufleute, Frauen, Kinder und Sklaven auszuspähen. Das Dutzend schwedischer Wikinger brach mit lautem Kriegsgebrüll aus der Böschung nahe dem Ufer hervor und schlug auf alles ein, was sich gleichgültig wie bewegte.

Der Überfall kam ohne Vorwarnung. Es war am frühen Morgengrauen des Tysdagr, im vermutlich 12 Einmanudur, nach der Schlacht von Bråvalla. Der Überlieferung zufolge ist König Harald dort im Alter von 150 Jahren von Sigurd Hring erschlagen worden. Somit hatte dieser nicht nur die Herrschaft der schwedischen Gebiete inne, sondern ebenso über die größten Teile Dänemarks. 

Die Kälte überwog in den Nächten und sorgte dafür, dass sich wallende Schleier auf den flachen wärmeren Wasserläufen bildeten. Keiner der Kaufleute hörte die fremden Krieger kommen. Wie aus heiterem Himmel befanden sich diese mitten in dem kleinen ungeschützten Lager, welches nur provisorisch aufgebaut war. Die wenigen die den Mut hatten, sich den imposanten Kerlen entgegenzustellen, waren zu leicht gekleidet, meist nur mit dünnen Leinen, halt was man für die Nachtruhe in diesen Tagen brauchte. Damit gab es wenig Schutz vor den schrecklichen Waffen der Waräger. Einige versuchten mit Speeren oder Schwertern, andere sich mit ihren Äxten zur Wehr zu setzen. Hierbei handelte es sich aber um Gegenstände des täglichen Gebrauchs, weniger um echte Waffen mit denen es sich lohnte sich zur Wehr zu setzen. 

Die Handelssiedlung am Rande einer schmalen Furt war nur provisorisch errichtet, ausreichend um kleinen Handel zu treiben. Hierher kamen andere gleichgesinnte Kaufleute und Tageshändler aus vielen Richtungen. Es wurden Waffen gegen Kleidung getauscht, Haushaltswaren mit Fellen, Silber oder Schmuck aus fernen Ländern bezahlt. Der Standort entwickelte sich langsam zu einer Stätte des blühenden Handels. Hierher kamen die Friesen aus Hedeby, genauso wie die dänischen Händler aus Ribe. Alle nutzten diesen Platz, um hier die einheimischen Waren aufzukaufen oder gegen Dinge zu tauschen, die es in dieser Gegend weniger gab. Genau das war das Problem. 

Die Waräger duldeten in ihrem Gebiet keinen Handel, der nicht von ihnen autorisiert war. Ob die emsigen Händler davon Kenntnis hatten und dieses schlichtweg ignorierten oder die schlagkräftigen Krieger es erst beim letzten Suff im Langhaus entschieden hatten, spielte heute keine Rolle mehr. Es sollte Blut fließen und das in Strömen. Die Waräger hatten sich vorgenommen, zu  nehmen, was ihrer Ansicht nach eh ihnen gehörte. Diese Kaufleute, meist Dänen, waren allen eh ein Dorn im Auge, und das Maß war voll und am überlaufen. Das sollten die in der Unterzahl und dazu ungeschützten Schwächlinge heute zu spüren bekommen. König Sigurd hatte hier keine Macht bzw. war er außer Reichweite und Repressalien seinerseits waren von ihm eh nicht zu erwarten.

Der Waräger schlug mit dem doppelschneidigen Schwert in seiner Rechten einen Streich von links oben nach rechts unten. Da sah er aus dem Augenwinkel den alten Dänen, wie er ein Schwert mit beiden Händen über den Kopf schwang, um damit auf den Hünen einzuschlagen. Dieser antwortete mit seinem Schild, welches er von rechts über seinen Kopf horizontal nach links mit voller Wucht führte und den erschöpften alten Mann locker beiseite fegte….

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